Meine Peoples Temple Christian Church-Erfahrung

[Die englische Originalversion dieses Texts finden Sie hier.]

Ich wuchs auf in der Stadt Compton in Kalifornien, übersiedelte dann nach Watts und ging danach wieder nach Compton, zurück in dasselbe Haus. Mit meiner Großmutter ging ich in den Peoples Temple in Los Angeles, bis ich zwölf Jahre alt war. Es war eine freundliche Kirche. Gut, es war die einzige Kirche, die ich kannte. Wir waren wie eine große, gigantische Familie. Egal, welcher Hautfarbe, alle verstanden sich gut. Alle Farben waren zusammen vereint, und für mich war das wirklich wundervoll. Wenn ich nicht gerade in der Kirche war, war ich in der Schule.

Ich war erst zwölf, als ich die Nachrichten über Guyana im Radio hörte. Jung. Radiohören war in jenen Tagen mein Zeitvertreib. Als auf 1580 K-Day[1] die Musik für eine Nachrichtendurchsage unterbrochen wurde, wechselte ich einfach den Sender, weil das Lied, das dadurch unterbrochen wurde, ohnehin nicht zu meinen Lieblingsliedern gehörte. Ich wechselte zu 1230 KGFJ[2]. Diesmal war das Lied, das unterbrochen wurde, von Bobby Caldwell, es hieß “What You Won’t Do for Love.” Ich liebte dieses Lied, weil es das Lieblingslied meiner Schwester war, und da ich den Text kannte, sang ich während der Nachrichtendurchsage einfach weiter. Ich hörte nicht wirklich zu, was in den Nachrichten gesagt wurde – erst ein paar Sekunden später.

Und dann traf es mich wie eine Tonne Ziegelsteine! Mehr als 900 Menschen hatten Zyanid-haltiges Kool-Aid[3] getrunken und waren gestorben. Ich wusste damals nicht, was Zyanid war, aber dann sah ich ein Foto von all diesen schwarzen Menschen, die tot auf dem Boden lagen. Ich konnte es nicht glauben. Das war, wo meine Urgroßmutter war. Das war, wo wir selber auch hinziehen sollten, sobald die Geburtsurkunde meiner Großmutter mit der Post gekommen war. Wow. Ich war am Boden zerstört.

Meine Großmutter rief sofort andere Familienmitglieder an, um zu fragen, ob sie auch davon gehört hätten. Und dann sah sie es selbst auf den Channel 7-Nachrichten. Und nach diesem verhängnisvollen Tag war sie nie wieder dieselbe.

Auch in mir hatte sich etwas verändert. Ich wurde gehässig und sarkastisch. Ich hörte auf, an Gott zu glauben, weil er das meiner Urgroßmutter angetan hatte, weil er das meiner Großmutter angetan hatte. Ab da wurde ich straffällig. Ich endete schließlich in der Jugendstrafanstalt, auf der Suche nach einer Familie, die mich liebte.

Lasst mich euch zeigen, was dieser Tag mir angetan hat. Reden wir über die Menschen in Guyana, die meine wahren Freunde waren und dort gestorben sind:

Gladys Roberts: Meine geliebte Urgroßmutter, die früher in der 10221 Clovis Avenue in Los Angeles gelebt hat, glaubte, dass dieses Monster Jim Jones ein Gott war.

Wanda Mitchell: Das Mädchen, das mich gelehrt hat, französische Zöpfe zu flechten, war meine beste Freundin. Sie hatte eine große Familie, und alle in dieser Familie behandelten mich, als ob ich dazugehörte. Ich habe viele Nächte in deren Haus an der 50.Straße/Avalon Straße in Los Angeles verbracht.

Wanda Baisy: Sie hat mir beigebracht, mich gegen Jungs zu behaupten und sie zu verprügeln, statt, wie ich, vor ihnen Angst zu haben.

Shirley und Ben Robinson: Das waren die besten Freunde und Nachbarn meiner Tante Shirley, sie haben uns immer besucht.

Heloise Hall: Die Organistin der Kirche; ihre Tochter ist schließlich zu meiner Großmutter in die Clovis Avenue gezogen.

Delicia Souder: Das Mädchen, das bei den Mitchells wohnte, ich spielte immer mit ihr, wenn ich am Wochenende zu ihnen rüber ging. Es waren immer ich, sie und Wanda (obwohl sie jünger war als wir).[4]

James Turner: Ich kannte die ganze Familie, aber er war der einzige, der [nach Guyana] ging. Der Rest der Familie bereitete sich darauf vor, ebenfalls hinzuziehen.

Ich glaube nicht, dass irgendjemand, der mit dieser Tragödie in Verbindung stand, je wieder derselbe war wie vorher. Ich bin jetzt 52 Jahre alt und habe eine Menge erlebt, aber das ist die schlimmste Tragödie, die ich erlebt habe, allein schon wegen der Tatsache, dass diese Menschen diesem Mann vertrauten, der sie so übel getäuscht hat. Meine Urgroßmutter gab diesem Mann alles, und so hat er es ihr vergolten. Ich habe es damals nicht verstanden, aber ich verstehe es jetzt. Er war ein Betrüger, und er betrog all diese Menschen, und sie glaubten ihm, und sie sind alle gestorben.

[1] Regionalsender in Los Angeles

[2] Regionalsender in Los Angeles

[3] Limonadensorte

[4] Delicia Souder war erst sechs Jahre alt, als sie in Jonestown starb.